Han
Äsche, han Scherbe, han Geld un han Holz, a Hittema ben i,
doch ben i net stolz
Johann
Georg Böhringer, III, 1778-1846
Warum ist er nicht
stolz? Hätte er doch allen Grund dazu. Ist es
protestantische Demut? Ist es Selbstironie? Ist es die Demut
eines bürgerlichen Untertanen im württembergischen
Königreich?
War er doch der mächtigste Mann im
Tal, der Reichste, der größte Arbeitgeber, der
Eigentümer der größten industriellen
Produktionsstätte im Schwarzwald des frühen 19.
Jahrhunderts. Er trug noch die Perücke der vornehmen Leute,
sprach französisch, und war ein harter Verhandlungspartner
für das königlich württembergische
Finanzministerium, das Rentamt, die Forstämter. Im Jahr
1845; ein Jahr vor seinem Tod, gab die Glashütte Buhlbach
200 Menschen Arbeit, ernährte damit 500 Menschen im
Baiersbronner Tal, und das zu einer Zeit grosser Armut und Krise
in Baiersbronn.
Anderswo machten Glashütten dicht,
doch die abgelegenste, im hintersten Winkel des Nordschwarzwald
gelegene, wo 120 Jahre zuvor, im Jahr 1721 noch Urwald war,
konnte sich vor Aufträgen nicht retten. Über eine
Million Champagnerflaschen wurden im Jahr 1845 produziert ;
Henkel, Kupferberg, Kessler in Stuttgart ; der Begründer der
Sektproduktion in Württemberg; gehörten zu seinen
Kunden. Kessler vermutlich von Anfang an, seit 1826.
Verpackt
in Stroh, zu 104 St/Charge, fanden die Flaschen zu
hunderttausenden ihren holprigen Weg auf Pferdefuhrwerken von
Buhlbach aus in die Welt der Großstädte des 19.
Jahrhunderts. Bei Sonne, bei Regen, bei Schnee. Böhringer
und die Fuhrunternehmer zwischen Mitteltal, Achern und Horb
lieferten Qualität aus dem Hochschwarzwald. Findige
Glasmacher, kluge Unternehmer, gute Organisatoren, verlässlich
Geschäftsleute, strenge, aber gerechte Arbeitgeber. Die
Familiendynastie Böhringer hatte mit dem;Buhlbacher Schlegel
eine Sektflasche geschaffen, die offenbar weitaus besser war als
die Flaschen der Konkurrenz.
Aber nicht nur Sektflaschen
wurden produziert, eine Produktions-palette von über 1000
Produkten gab es; vom geschliffenen, überfangenen Rubinglas,
Blumenvasen, Biergläsern, Butterdosen, bis zum
Schnapsgütterle und Uringlas, - alles, was im 19.
Jahrhundert an Hohlglasprodukten erforderlich war wurde in der
Glashütte Buhlbach produziert.
Heute
noch findet man in der Murg die vom Wasser geschliffenen
Glasschlacken, und das Böhringergrab auf dem Friedhof in
Mitteltal. Heute noch gibt es Firmen, die den Namen Böhringer
tragen; oder auf Firmengründungen der Familie Böhringer
beruhen: Böhringer Gastro-Profi, eine Firma, die Produkte
für den Gaststättenbedarf vertreibt; Glas, Porzellan,
Küchen, war bis 1995 im Familienbesitz, und beruhte auf der
Gründung des Werkes in Zuffenhausen, sowie die Glaswerke in
Achern, von Johann Georg Böhringer V 1885 gegründet,
die heute zu der Gerresheimer Gruppe gehören.
Heute
noch stehen die Reste der Böhringer Glashütte in
Buhlbach, und bieten die Chance zu einer neuen, faszinierenden
Entwicklung, einer Verbindung von Vergangenheit mit der Zukunft
für Glas, Kunst und Holz, für Technik, Genuss und
Natur.
(Text: Auszug aus der Einleitung für die
Studie;Kultur- und Sportpark Glashütte Buhlbach, Teil 2,
Konzept für Investoren)
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Glas
ist eine Flüssigkeit hoher Viskosität. Soll heißen,
Glas ist eine zähe Flüssigkeit. Zumindest physikalisch
gesehen. Alte Kirchenfenster sind oben dünner als unten ;
das heißt; Glas ist doch nicht ganz fest, auch wenn es
zerbrechlich ist. Das erzählte uns neulich Herr
Schmid-Böhringer, einer der vielen Ur-Ur-Ur-Ur-
Enkel jenes oben genannten Johann Georg Böhringer.
Herr Schmid-Böhringer ist Erfinder, Entwickler in der
Glastechnologie; so wie seine Vorfahren auch. Zusammen mit seiner
Familie, seiner Mutter, einer Enkelin des letzten
Glashüttenbesitzers der Freudenstädter Glashütte,
Otto Böhringer, saßen wir im Fischerstüble von
Jürgen Sigwart. Otto Böhringer hatte seinerzeit die
Halbautomaten erfunden, um damit die Sektflaschen schneller und
effektiver produzieren zu können. Und Sigwart ist ein
Glasmachername; Sigwarts gibt es in halb Mitteleuropa; überall
in den Mittelgebirgen, dort, wo Glas gemacht wurde... und schon
sind wir inmitten der Welt von Glas und Holz.
Glas ist
eine Faszination. Glas ist die Metamorphose von Stein durch
Feuer. Sand, Asche, und Holz waren die Grundelemente der
Glaserzeugung in den letzten 2000 Jahren.
Glasmuseen gibt
es viele. Doch die Mühsal der Herstellung, die dennoch so
einfach ist, wird kaum gezeigt. So entstand die Idee der
Zeitreise. Zunächst waren grosse Wälder nötig für
das Glas. Bis zu 50 ha Wald wurde jährlich für diese
Glashütte verbrannt. 50 ha ist eine Fläche mit einem
Umfang von 2,5 km!! So beginnt die Zeitreise beim Transport und
der Zerkleinerung des Holzes. Das Holz wurde in den Bächen
und Kanälen herbeigetriftet, dann von Hand in 10 cm kurze,
dünne Scheiter zerkleinert; dann vorgetrocknet; und
schließlich verheizt, denn man benötigte Temperaturen
von 1400 Grad.
Materiallager mit Wanderglashütte,
die restaurierte Gastwirtschaft ;zur Glashütte; das
Turbinenhaus und das Gesteinsmahlhaus sind weitere Stationen der
Zeitreise.
In einem neuen Gebäude, das am Platz der
alten Glashütte gedacht ist, soll eine neue Glashütte
entstehen, eine grosse Halle, in der die neuesten nachhaltigen
Entwicklungen aus Glas- und Holzindustrie gezeigt werden.
Im
Aussengelände gibt es Mitmach-Angebote, für Kinder und
Erwachsene, das Leben der Glashütte kennenzulernen.
Spielerisch und bewegungsorientiert kann man erleben, wie
Glas aus Sandstein und Scherben gewonnen wurde, und wie geschickt
die Menschen mit den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde
umgegangen sind, um daraus das kostbare Glas zu erzeugen.
Auch
Märchen und Mythen ranken sich um das Glas:.
Im Wald
trifft man das Glasmännlein und den Holländer Michl,
und auf der alten Friedenstanne, die 1871 nach dem Ende des 1.
Deutsch-Französischen Krieges von der Familie Böhringer,
vermutlich von Hermann Böhringer gepflanzt wurde, die Sturm
Lothar 1999 fällte, kann man klettern.
Der
Urahne der Böhringer-Dynastie, der Holzhändler Johann
Georg Böhringer I, gab das Vorbild für Hauffs
Holzkönig, und es scheint, als ob Hauff nicht nur in
Schwarzenberg weilte, sondern auch in der Glashütte Buhlbach
Gast war.
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Dies
hier ist die Gesamtkonzeption für eine Zeitreise von der
Vergangenheit in eine nachhaltige Zukunft für die Gemeinde
Baiersbronn.
So
sah das Gesteinsmahlhaus einst aus. Die Fassade war rostrot
gestrichen das ergab die Befunduntersuchung von Maler Benz aus
Alpirsbach.
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Die
Arbeiten im Jahr 2007 und im Jubiläumsjahr 2008
Im
Jahr 2007wurde vom Verein in weitgehend ehrenamtlicher Arbeit
zwei Seiten des Gesteinsmahlhauses gedämmt und neu
verschindelt. Auch das Dach wurde mit den alten Ziegeln des
Morlokhofes neu gedeckt und die Kamine saniert. Beteiligt
waren die Zimmereien Würth, Schleh, Wein und Günther,
sowie die Flaschnerei Bässler, und die
Restaurierungswerkstätte Benz, und viele private
ehrenamtliche Helfer und Helferinnen.
6200 Besucher
verzeichnete die Glashütte im Jahr 2007.
Die
gesamten Materialkosten und einige Arbeitslöhne konnten rein
durch Spendengelder finanziert werden.
Im Jahr 2008
werden die Fenster gestrichen, die noch vorhandenen technischen
Einrichtungen wieder montiert, und wir gehen auch hoffnungsvoll
davon aus, dass wir im zweiten Halbjahr 2008 offiziell mit den
Planungen für die 1. Baustufe beginnen können.
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Schon
sieht das Gebäude völlig anders aus. Aus dem
Schandfleck, beginnt ein Schmuckstück zu werden
noch
vorhandene technische Einrichtungen und der Plan für die
Zukunft der Glashütte auf der Geburstagstorte
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