Das Neueste vom Strohballenbau: Der Baustoff Stroh hat eine Zulassung
mehr unter:
www.fasba.de





Bericht vom 2.Treffen des Fachverbandes für Strohballenbau im Ökodorf Siebenlindenwww.siebenlinden.de



Strohwand mit Strohlehmputz und einer wunderschönen Echse, Siebenlinden
Photo von Katrin Klemme

Vom 15.-17.8. 2003 fand im Ökodorf Siebenlinden das zweite Treffen des Fachverbandes für Strohballenbau Deutschland statt. Sehr gut vorbereitet von den Begründern des Fachverbandes Dirk Scharmer, Axel Linde und Steffen Moritz, unterstützt von den BewohnerInnen des Ökodorfs, erlebten ca. 50-70 Teilnehmer und Teilnehmerinnen ein spannendes und anregendes Treffen. Das Wochenende war vollgepackt mit Fachinformationen, Projektbeispielen, Diskussionen und Besichtigungen von realisierten, und im Bau befindlichen Strohballenhäusern. Nachfolgend gebe ich ein –von wenigen Notizen unterstütztes – individuelles Gedächtnisprotokoll des Treffens, und bitte im Vorfeld um Verständnis dafür, wenn ich nicht alles Gehörte genau und fehlerfrei wiedergebe.

Bei den Vorträgen handelte es sich zum einen um das bauphsikalische Verhalten von Stroh, um die Ergebnisse von Brandtests, Feuchtemessungen, und die Perspektiven einer Bauaufsichtlichen Zulassung von Strohballen, und zum anderen um Berichte von gebauten Beispielen



Bauphsikalisches Verhalten von Stroh – Untersuchungen, Brandtests

Brandtests in Deutschland

Architekt Dirk Scharmer berichtete über Brennbarkeits- und Feuerwiderstandstests, die der Fachverband für Strohballenbau, finanziell unterstützt durch eine Förderung des BMVEL, (Bundesministerium Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft) am IBMB in Braunschweig durchgeführt hat. Als ein erstes wichtiges Ergebnis steht fest, daß für Getreidestrohballen mit der Rohdichte von 90-130 kg/cbm ein Prüfungszeugnis für B 2- = normal entflammbar – ausgestellt werden kann. In dem Test wurde Stroh in einen drahtbespannten Prüfbehälter eingelegt und auf die o.g. Dichte gepresst. Der Feuerwiderstandstest wurde an einer insgesamt ca. 50 cm dicken Wand durchgeführt, die beidseitig mit 3-5 cm Lehmputz verputzt war. Dieser Test war sehr erfolgreich, denn die Wand hielt über 90 Minuten dem Feuerstand (entspricht F-90). Um eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung von Strohballen als Baustoff zu erlangen, sind jedoch noch einige weitere Tests erforderlich.

Deutsches Strohballennetzwerk unter: www.strawbalehouse.de



Die österreichische Perspektive

Dipl. Ing. Erwin Schwarzmüller (=ConsultS) aus Wien war als Vertreter des österreichischen Strohballennetzwerkes, der GrAT (Gruppe angepasste Technologie der TU Wien) www.nawaro.com , des ÖÖI Österreichischen Ökologieinstitutes www.ecology.at sowie Global 2000 www.global2000.at eingeladen und berichtete über Tests in Österreich. In Österreich ist es bezüglich Schimmeltest teilweise einfacher, eine Zulassung des Baustoffs zu erhalten, da in unserem Nachbarland die Feuchtigkeitstests, die ein Baustoff bestehen muss, je nach Anforderung gestaffelt sind und nicht über so lange Zeit bestehen müssen. Das heißt, dass an Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen keine so harten Anforderungen gestellt werden – beim Einbau ist dies dann durch den Verwendungszweck und Einbauhinweise zu berücksichtigen.

Vor starker Durchfeuchtung des Außenputzes auf Strohballen durch Schlagregen oder dauerhaft hohe Luftfeuchtigkeit verbunden mit warmen Temperaturen (über 3 Tage) warnt Erwin Schwarzmüller. Aus diesem Grund werden bislang in Österreich die Strohballen kaum außen direkt verputzt.

Wichtig für die Normal-Entflammbarkeit (B2) ist neben definierter Dichte und Stängelausrichtung ein geringer Anteil an Verunkrautung und Spelzen, denn das trockene Unkraut entflammt leichter als Stroh. (Höchsten 0,5% zulässig ).

Die Restfeuchte des Strohs bei Einbau sollte 13-15 % nicht überschreiten, um Schimmel ab Einbau keine Chance zu geben. Die 15% ergeben sich auch aus den max. zulässigen 13% Kornfeuchte, die wird bei Ablieferung des Weizens sowieso gemessen (vom Lagerhaus bzw. Großhändler) und dokumentiert, die Experten von Agrar Plus gehen von einer um 2% möglichen höheren Ausgleichsfeuchte für das Weizenstroh aus , damit sind 15 % garantiert, wenn das Korn angenommen wird und bei Kornmessung nicht geschummelt wurde.

Was Schädlinge angeht, haben die österreichischen Untersuchungen ergeben, daß keine großen Gefahren im Sinne des Substanzabbaus vom Stroh vorhanden sind. Termiten sind die einzigen Insekten, die Zellulose fressen – und die gibt es in Mitteleuropa nicht. Bezüglich Nager bestehen keine Probleme, wenn die Restkornmenge gering ist, und der Einbau des Stroh hinter innen und außen luftdicht geschlossene Ebenen (Putz oder Platten)erfolgt. Bei den gemessene Proben (insgesamt 5 von 3 Landwirten) ergaben sich Restkornmengen < 0,36 % im Mittel <0,1%.

Erwin Schwarzmüller ist in der Forschung der Möglichkeiten des Einsatzes von Strohballen mit den oben genannten Institutionen involviert – im Neubau, Fertigteilbau und in der Sanierung.

Besonders interessant fand ich ein Projekt, in dem es um die nachträgliche Wärmedämmung (u.a. einer Fabrikhalle) mit Strohballenfertigteilen geht (insgesamt 5 Sanierungsobjekte 3 in Niederösterreich 2 in Südmähren Partner Global 2000, ECODUM, ConsultS). Eine Übersicht über gebaute österreichische Beispiele und freigegebene Prüfungsergebnisse österreichischen Untersuchungen finden sie unter http://www.baubiologie.at/asbn/hausderzukunft.html, aus dem laufenden Projekt stroh kompakt (www.ecology.at) , in dem es um Vorprüfungen zur Zulassung von Strohballen geht gibt es einen Endbericht ab November 2003, damit sollten die Berichte bis Ende 2003 vom Ministerium freigegeben werden. Nachfolgeprojekte bezüglich Zertifizierung des Baustoffes Strohkleinballen, Wandsysteme sind in Vorbereitung bzw. im Antragsstadium. Desgleichen Wärmedämmverbundsystem aus kompakten Strohkleinballen.

Unter www.bauteilrechner.cc können hier z. B. verschiedene U-Werte von Wandaufbauten durchgerechnet werden.



Feuchte und mikrobielle Kriterien:

Dipl. Biol. Hansjörg Wieland von der FAL Braunschweig berichtete über die Messungen, die an dem Strohballenhaus der Familie Warmuth in Unterfranken vorgenommen wurden. Der Aussiedlerhof der Familie Warmuth ist eines der ersten Strohballenhäuser in Deutschland. Mehr dazu bei http://www.fasba.de

Dieses Haus besteht aus 45 cm dicken Strohballen, in Wänden, Dach und Fußboden. Die Strohballen wurden vor die Ständer gesetzt, und sind z.T. 6 m hoch gestapelt, - was zunächst starke Setzungen zur Folge hatte, die jedoch nach ca. 6 Wochen abgeschlossen waren. Die Wände sind beidseitig mit Lehm- und Kalkputz verputzt, und die Messungen ergaben, daß hier das Stroh dauerhaft trocken ist, und es mit dem Taupunkt keine Probleme gibt. Im Fußboden wurde jedoch als untere Schale eine OSB- Platte eingesetzt, die einen Dampfdiffusionswiderstand von my = 300 hat. Das bedeutet, daß hier das nötige Gefälle des Dampfdiffusionswiderstandes von Innen nach Außen nicht berücksichtigt wurde. Das gemessene Ergebnis ist, daß das Stroh im kritischen Bereich, nahe der OSB- Platte an der Obergrenze der Feuchtigkeit ist. Das heißt, daß bei diffusionsoffenen Aufbauten in keinem Fall außen dampfdichteres Material als innen verwendet werden darf. Im o.g. Fall wirkt die OSB-Platte als Dampfsperre. Dies gilt übrigens nicht nur für Stroh, sondern für alle feuchtigkeitsempfindlichen Materialien.

Ein weiterer sehr interessanter Punkt von Herrn Wieland war seine Einschätzung bezüglich des in Deutschland erforderlichen Schimmeltests. Anders als in Österreich wird in Deutschland die Probe mit Pilzen geimpft, und dann wird sie über einen bestimmten Zeitraum 90 % Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Ohne Fungizide oder mineralischen Schutz übersteht das kein Baustoff aus nachwachsenden Rohstoffen. Ob dies aber tatsächlich für die Erlangung einer bauaufsichtlichen Zulassung erforderlich ist, ist derzeit noch unklar.



Ausflug zu gebauten Projekten von Dirk Scharmer
Ein Ausflug führte die ganze Gruppe zu den gebauten Beispielen von Dirk Scharmer im Wendland. Ein kleines Haus, in der er selbst wohnte, ist bereits länger fertig. Hier sind die Strohballen innen und außen verputzt, die Holzständer liegen mittig innerhalb der Ballen. Zwei weitere, für Bauherren ausgeführte Projekte wurden besichtigt, die sich in der Rohbauphase befinden. Besonders interessant bei diesen Gebäuden war das Putzsystem. Innen und aussen Lehmputz, jedoch wurde auf den Lehmputz außen eine dünne Schicht eines speziellen Sumpf-Kalkputzes aufgebracht, der nach traditionellem Verfahren von der Firma Solubel aus Nürnberg hergestellt wird.
www.solubel.de/ Dieser Kalkputz soll gut auf dem Lehm-Unterputz haften, da dieser sehr fett, und damit eher härter ist als der Sumpfkalkputz. Auch hier betonte Dirk Scharmer die Wichtigkeit der fest gepressten Ballen.


kleines Haus, innen ganz groß: Stroh in den Wänden, im Dach, im Fußboden


Das kleine Strohballenhaus von Dirk Scharmer, Westseite mit Solubel verputzt



Berichte von gebauten Beispielen

Strohballenhaus das Club 99 in Siebenlindenwww.strawbalehouse.de/club99/club99.htm

Ein ganz besonderes experimentelles Strohballenhaus, da es von Hand ohne Einsatz von Maschinen gefertigt wurde. 45 cm dicke Stohballenwände in Fußboden, Wänden, Dach. Innen und Außen mit Lehm verputzt wobei eine weitere Besonderheit der Lehmputz aussen ist. Er erhielt mit einer kleinen Zugabe von Weizenmehl eine wasserabweisende Haut. Simulierte Schlagregentests sind von einer Versuchswand bravourös überstanden worden. Der Verputz des Hauses ist allerdings neu, und noch nicht Herbst- und Wintergeprüft. Als Badezimmer wird z.Z. eine Strohballenkuppel errichtet, die selbsttragend konzipiert ist. Die anderen benötigten Baustoffe und Materialien sind weitestgehend Recyclingmaterialien. Die Gebäude wurden besichtigt und bestaunt. 15000 Arbeitsstunden sind bisher in das zweistöckige Haus geflossen, - eigentlich gar nicht so viel, wenn man bedenkt, daß die Balken von Hand durchgesägt wurden. Das nächste Projekt im Ökodorf Siebenlinden ist „Stohpolis“. Ab nächstem Frühjahr soll auf dem Gelände ein weiteres Strohballenhaus als Wohnhaus gebaut werden. Infos zum Ökodorf gibt es unter www.oekodorf7linden.de.





Strohballenhäuser in Australien

Frank Thomas, ein deutscher Baumeister, baut seit 6 Jahren Strohballenhaeuser in Australien. 16 Projekte hat er mit seiner Firma schon realisiert. Er baut hauptsaechlich mit Holzstaender, oder auch Stahlstaender (seltener lasttragend), und facht diese mit Strohballen aus. Besonderen Wert legt er auf eine gute und sichere Ausfuehrung des Sockels, die in Australien Termitensicher ausgefuehrt werden muss. Waende die hoeher als 2.4 Meter sind, werden mit Bambusstangen versteift. Die Bambusstangen werden mit rostfreiem Draht direkt an die Strohballen fixiert. Stahlteile werden mit Jute umwickelt, sodass am Stahl keine potentielle Feuchtigkeit ausfaellt.


Er betonte die Wichtigkeit von dicht und gut gepresstem Stroh. Frank nennt seine Ballen “building bales”, im Unterschied zu normalen Strohballen. Schoene Details und Photos seiner sorgfaeltig aufgefuehrten Projekte rundeten seinen Vortrag ab. www.strawbale.com.au.




Drei Projekte von Prof. Minke

Professor Minke
stellte drei Strohballenprojekte vor – zwei eher experimentelle Gebäude, und ein Gebäude für soziale Zwecke. Das 1. Gebäude ist ein lasttragendes Strohballengebäude auf dem Versuchsgelände der Universität Kassel. Das Dach besteht aus einer stützenfreien Rundholzkonstruktion, das als Grasdach ausgeführt wurde. Innen und außen wurde mit Lehm verputzt. Die Wichtigkeit trockener und fest gepresster „building bales“ betonte auch Prof. Minke, denn das Gebäude mußte nachgebessert, d.h. die Ballen nachverdichtet werden, so daß erst der 2. Versuch erfolgreich war. Die Ballen tragen jedoch mittlerweile das 12 t schwere Grasdach ohne Probleme – die gemessene Kompression der Strohballen durch die Belastung betrug 17 cm.
http://www.uni-kassel.de/fb12/fachgebiete/feb/f_proj/sb/bericht.pdf

Das 2. vorgestellte Projekt wurde im Rahmen eines Hilfsprojektes des Salem-Kinderdorfes in Kaliningrad für elternlose russische Kinder errichtet. Die Stroh und Lehmarbeiten wurden unentgeldlich von deutschen und russischen StundetInnen erbracht. Es ist eine Holzkonstruktion, die mit Strohballen ausgefacht wurde. Die Ballen wurden innen und außen mit Lehm verputzt. Als Witterungsschutz wurde eine Holzverschalung angebracht. Das Dach ist ein Grasdach. Prof. Minke erwähnte, daß zum Einbau der Strohballen 20 % der Zeit benötigt wurde, weitere 20 %, um die Ballen für den Verputz vorzubereiten, und 40 % für den Verputz, da dieser in den Feldern zwischen den Holzuständern und von Laien ausgeführt wurde

Das 3. Projekt ist eine Kuppel, die aus Strohballen gebaut wurde, als Studio für einen Musiker. Als tragende Konstruktion wurden Leimholzbinder vorgefertigt, in gebogener Form. Die Binder bilden das innere Gerüst. Hinter dieses Gerüst wurden die Strohballen gesetzt, die eine leichte Biegung erhielten. Um die Strohballen an dem inneren Holzgerüst zu befestigen, wurden außen Sperrholzstreifen angelegt, und nach jeder Schicht Strohballen mittels Verpackungsbändern am inneren Träger befestigt. Aus Kostengründen erhielt die Strohballenkuppel außen einen Lehm-Spritzputz und darüber eine PVC- Plane als Bedachung. Als Feuchtraum oder Küche ist der Innenraum wegen der Dampfdichtigkeit der Folie nicht geeignet. Innen wurde ein dicker Lehmputz aufgebracht, dessen letzte Schicht mit Leinöl versetzt ist und deshalb als Dampfbremse wirkt



Lasttragendes Strohballenhaus von Landwirt Peter Weber aus Trier


Die Landwirte sind naturgemäß die Pioniere in Sachen Strohballenbau: Sie kennen das Verhalten von Stroh, sie haben die Maschinen, und sie sind kostenbewußt. So auch Peter Weber aus Trier.
Die Großballen regten zu dem Versuch an, ein lasttragendes Gebäude aus Strohballen zu bauen. Peter Weber schätzt die reinen Baukosten seines Strohhauses auf ca 550-650 EUR/qm.

Bei dem Gebäude ist die Gründung sehr interessant. Herr Weber verzichtete umwelt- und kostenbewußt auf Beton, und legte statt dessen eine 50 oder 60 cm starke Schotterschicht auf den gewachsenen Boden, darauf noch 20 cm Splitt, rundherum eine Drainage, und darauf legte er seine Großballen – auch als Fußboden. Das Gebäude ist sehr einfach, besteht aus 3 fensterlosen Wänden, einer fast ganz geöffneten Südseite und einem leicht geneigten Pultdach. Für das Gebäude wurde eine Statik gerechnet, und Belastungsversuche wurden an der Uni gemacht. Da das Gebäude im Außenbereich steht, - und nicht wegen des Strohs - ist noch keine Baugenehmigung als Wohnhaus erteilt, daher muß der Ausbau warten. Die Fenster sind bisher mit Folie geschlossen. - eine Dreifachverglasung ist geplant. Dennoch berichtet Peter Weber, daß bei –15 Grad Aussentemperatur im vergangenen Winter noch 10 Grad im Haus drinnen gemessen wurde. www.strohhaus.com



Strohballenhaus in Rumänien




Querschnitt durch die Wand


Bernhard Breuninger
stellte ein Strohballenhaus vor, das er 2000/ 2001 für einen Freund in Rumänien gebaut hat. Dieses Haus weist einige interessante Details auf: Die Innenschale besteht aus einer mit Gipskarton verschalten und einer diffusionsoffenen Baupappe versehenen Massivholz-Brettstapelwand von 10 cm Dicke. Die Strohballen von 60 cm Dicke werden vor der Brettstapelwand außen aufgestapelt. In den Zwischenraum jeder 2. Strohballenlage “versinkt” eine Art Leiter, die an der Brettstapelwand festgeschraubt wird. An den äußeren “Leiterwangen” wird eine Verschalung aus 24 mm starkem Massivholz und wasserfestem Gipskarton eingebaut. Darüber liegt ein diffusionsoffener, wasserabweisender Bauvlies und eine hinterlüftete Holzfassade. Auch hier ist die Südfassade zu 100% verglast. Der Fokus der daraufhin entstandenen Strohhaus-Baufirma “bauXund.com” ist der Bau von kostengünstigen “Nullergie”-Häusern mit handwerklich vorproduzierten Fertigteilen. Aus Brandschutzgründen wird an der beidseitigen Verschalung der Strohballen mit Gipsfaserplatten auf Massivholz festgehalten. Verbaut werden neben “WPS-B2” (Weizen-PressStroh der Brandschutzklasse 2), solargetrocknetes Mondphasenholz, handgemachte Lehmziegel und eine Fassade aus unbehandelten großformatigen Eichenschindeln. Der extrem niedrige laufende Energieverbrauch und der weitestgehende Bahntransport sind weitere Pluspunkte in der Ökobilanz dieses Haustyps.

Rene Dalmeijer über Strohballenbau in den Niederlanden

Rene Dalmeijer berichtete über eine ganze Reihe von verwirklichten Strohballenbauten in den Niederlanden. Er zeigte sehr schön und sorgfältig gebaute Beispiele, wie die Niederländer eben bauen können. Anders als in Deutschland haben die Projekte weniger experimentellen, und eher wohnlichen Charakter, und werden ganz normal genutzt. Interessant auch ein Gebäude eines Landwirts, der nur die Information erhielt, daß es möglich ist mit Ballen zu bauen – beim zweiten Kontakt mit dem Landwirt war das Gebäude schon fertig. Besonders interessant war ein Veranstaltungsgebäude der RABO-Bank auf der Floriade. Die RABO-Bank ist eine niederländische Bank, die fast in jedem Ort zu finden ist, vielleicht vergleichbar mit der Volksbank in Deutschland. Diese Bank engagiert sich im ökologischen Bauen, und hat ein großes Auditorium aus Strohballen – als Holzständerkonstruktion errichten lassen. Das Ungewöhnlichste dabei ist der Fußboden, bei dem auf Beton ganz verzichtet wurde. Stattdessen wurde auf einer dicken Schotterschicht nur ein gedämmter Lehmestrich aufgebracht, der als Fußboden des Ausstellungsraumes dient. Bei der Eröffnung des Gebäudes war der Boden jedoch nicht trocken, und wurde schnell mit Teppichen abgedeckt.



Das niederländische Strohballennetzwerk ist unter www.rened.cistron.nl zu finden.

Architektin Sabine Rothfuß: Umbau einer Scheune zum Wohnhaus



Strohballen, innen verputzt

Bei diesem Projekt handelt sich um das einzige auf dem Treffen vorgestellte Umbauprojekt. In einer vorhandenen Situation gibt es viele Vorgaben, die zu beachten sind. 2/3 der vorhandenen Außenwände waren mit 24 cm viel zu schwach, stark gerissen und instabil. Die Wände wurden durch eine Holzständerwand ersetzt, mit Ständerabständen von 76 bzw. 63 cm, und BSH-Ständern mit den Massen 6/30 cm.

Die Ständerkonstruktion wurde außen mit einer doppelten Lage Fermacellplatten beplankt, die als Aussteifung zugelassen sind, den Ballen außen den erforderlichen Brandschutz bieten und die Ballen beim Einbau vor Feuchtigkeit schützen. Die Wandelemente wurden incl. der hinterlüfteten Lärcheschalung, die widerum die Fermacellplatten vor der Witterung schützen vorgefertigt. Die Konstruktion war so geplant, daß nur zwei Ballengrößen gepresst wurden, die auf Spannung zwischen die Ständer eingebracht wurden. Auch die Gefachhöhe war so brechnet daß nur ganze Ballen eingebaut wurden, die Kompression schon eingerechnet. Für die Schrägen im Giebel wurden Ballenwinzlinge gepresst, sodaß kaum Stroh gestopft werden mußte. Die 160 qm Wandfläche wurde an einem Wochenende von der Baufamilie eingebracht.
Innen wurde das Stroh mit Traßkalk verputzt. In die 2. von insgesamt 3 Schichten ist ein Gewebe eingelegt. Im Erdgeschoß ist das Gebäude außen mit einer hinterlüfteten Heraklithplatte verkleidet, die verputzt wurde – dies war eine Auflage der Direktion für ländliche Entwicklung. Wegen einer Engstelle zwischen zwei Gebäuden war nur eine Ballenstärke von 30 cm möglich – die kleinsten Ballen, die man mit der kleinsten Claas-Presse hergestellen kann.
www.architektur-con-terra.de



Architekt Werner Schmidt: Lasttragendes Strohballenhaus in der Schweiz:





Einer der interessantesten Vorträge kam ganz zum Schluß: Das lasttragende Strohballenhaus von Architekt Werner Schmidt in den Schweizer Alpen auf 1300 m Höhe. In der Schweiz ist die Rechtslage so, daß jeder, der sich berufen fühlt, Baupläne einreichen kann, und mit jedem Material gebaut werden darf. Die Verantwortung liegt bei Architekt, Bauingenieur und letztendlich den Bauherrn – Jahrhunderte selbständiger demokratischer Tradition machen es möglich.

Werner Schmidt verwendete dazu die Großballen, wie Landwirt Peter Weber. Die Masse der Ballen sind 120 cm dick, 250 cm lang, und 74 cm hoch. Das Gebäude ist zweigeschossig. Im Vorfeld wurden Belastungstests gemacht, die eine durchschnittliche Gesamtkomperession eines Ballen um 7 cm ergaben. Bei 8 Ballen wäre dass eine Kompression von 56 cm(zwei Geschosse + Schneelast). Diese Kompression wurde, ähnlich wie bei einem Holzblockhaus, bei den Holzteilen, Fenstern und Türen, einkalkuliert. Innen und aussen wurde das Gebäude verputzt, zweilagig armiert, mit einem konventionellen Kalkzementputz verputzt. In den Putz ist Perlite beigemischt zur Erhöhung der Dampfdiffusionsfähigkeit. Der Putz helfen, die Lasten mit abzutragen. Das Haus wurde wegen der enormen Hanglage, und um Feuchtigkeitsprobleme in den Ballen zu vermeiden, auf Punktfundamente aufgeständert, die eine Betonsohle tragen. Eine große Verglasung auf der Südwestseite sorgt für die passive Sonnenenergienutzung. Obwohl aus Sicherheitsgründen ein Holzofen eingebaut worden war, zeigte sich im 1. Winter, daß eine Heizung im Haus nicht nötig war. http://www.baubiologie.at/europe/europa/index.htm




Zusammenfassung und Ausblick

Auf dem Treffen wurde immer wieder über „mainstream-Stohballenbauweise“ diskutiert. Soll heißen, die Frage wurde gestellt, welche Form der Strohballenbauweise am ehesten Marktchancen hat. Hierbei waren die Meinungen unterschiedlich. Eine große Hürde ist in Deutschland immer noch die nicht vollständig vorhandene Zulassung als Baustoff. Architekten zögern, die Verantwortung für einen nicht zugelassenen Baustoff zu übernehmen. Nicht zugelassen bedeutet allerdings nicht, daß der Baustoff verboten ist, - wenn jemand für das Bauvorhaben Verantwortung übernimmt, sei es Architekt, Bauherr, oder eine Firma, kann man mit Stroh bauen. Die Genehmigungspraxis der deutschen Behörden ist sehr unterschiedlich. Für das Haus der Familie Warmuth in Unterfranken gab es eine normale Baugenehmigung. Dirk Scharmer und der Club 99 erreichten für ihre Häuser in Niedersachsen und Sachsen Genehmigungen im Einzelfall. Für den Umbau der Scheune zum Wohnhaus in Mittelfranken wurde seitens der Behörde gar kein Aufwand gemacht, da der Architekt eigenverantwortlich für den Brandschutz zuständig ist. Hier gibt es u.U. mit der Berufshaftpflichtversicherung Probleme. Nach meinem Kenntnisstand übernimmt diese eventuelle Schäden nur, wenn der Bauherr vorher ein Merkblatt erhalten und unterschrieben hat, in dem er über den Baustoff informiert und auf die möglichen Gefahren deutlich hingewiesen wurde.

Das in meinen Augen vielversprechendste Verfahren für Deutschland ist, Fertigteile mit Strohballendämmung zu entwickeln. Die Gefahren des Strohs, daß es zu naß eingebracht wird, zuwenig gepresst ist, eventuell während des Bauens durchfeuchtet, bei ungenügender Kompression nachträglich sackt .u.s.w. sind bei einer solchen Bauweise kaum gegeben.

Deutscher Fachverband Strohballenbau:

Um eine Weiterentwicklung und rechtliche Absicherung im Strohballenbau zu forcieren, hat sich der Strohballenverband zum Ziel gesetzt, weitere Tests am Baustoff durchzuführen, Forschung zu betreiben um eine Zulassung von Strohballen als Baustoff zu erreichen. Der Austausch und die Weitergabe von Wissen, die freie Verfügbarkeit des Baustoffs für alle AnwenderInnen sowie die regionale Produzierbarkeit sind weitere Ziele des Verbandes. Das eingerichtete Forum im Internet dient als Kommunikationsplattform und unter www.strawbalehouse.de können weitere Infos zum Verband entnommen werden.

17. September 2003 berichtet und gezeichnet von Sabine Rothfuß, mit freundlicher Unterstützung von Dirk Scharmer, Erwin Schwarzmüller, Bernhard Breuninger, Prof. Gernot Minke, Peter Weber , Werner Schmidt. Katrin Klemme, René Dalmeijer, Frank Thomas.

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